22. September 2024
Pressemitteilung des Fördervereins für das Ignatius-Lötschert-Haus e.V.
WW/Horbach. Eines der drängenden sozialen und gesundheitlichen Themen unserer Zeit so aufgreifen, dass man auch mal darüber lachen kann! Das war das selbstgesteckte Ziel einiger Aktiven im Westerwald für die zurückliegende bundesweite „Woche der Demenz“. Das Vorhaben konnte umgesetzt werden…und wie! Mit der Compagnie MaRRAM mit ihrem Demenzstück „Herr Gerber will heim“ gastierte eine professionelle Schauspielgruppe, die viel Nachdenkliches und Ernsthaftes, aber auch Humor, mit in den Westerwald brachten.
Als Veranstalter dieses ganz besonderen Abends im Seniorenzentrum Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach freuten sich die drei Kooperationsveranstalter darüber, dass fast alle der überall in der Einrichtung herbeigeholten Stühle besetzt waren. Verantwortlich neben dem Förderverein der Einrichtung waren das Demenz-Netzwerk Montabaur-Wirges-Wallmerod und der Senioren- und Behindertenrat (SBR) Westerwald.
„Die immer mehr dementiell erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner halten uns auf Trab und verlangen uns alles ab“, stellte der Leiter der gastgebenden Einrichtung, Chris Martin, bei seiner Begrüßung fest. Er wies darauf hin, dass zwei Wohnbereiche für Demenzkranke nach Prof. Böhm zertifiziert sind und nach dessen Konzept arbeiten. Für das Demenz- Netzwerk begrüßte dessen Koordination Margit Chiera die vielen Gäste und sagte zu dessen Funktion: „Unser gemeinsames Anliegen ist die Versorgung pflegebedürftiger und an Demenz erkrankter Menschen sowie die Unterstützung der Angehörigen“. Von letzteren waren wie erhofft viele zu der Veranstaltung gekommen. Als Gäste konnten auch die heimische Bundestagesabgeordnete Dr. Tanja Machalet, die Generationenbeauftragte der VG Montabaur, Judith Gläser und Vertreter der örtlichen VdK-Ortsgruppe begrüßt werden.
Für die Gastgeber und Veranstalter stellte Uli Schmidt dann die Compagnie MaRRAM mit den Schauspielenden Sabine Hamann und Dietmar Bertram sowie den Hauptdarsteller „Herr Gerber“ in Form einer Klappmaulpuppe vor. „Das professionelle Schauspiel der Gruppe ist federleicht und gleichzeitig todtraurig, aber ihr dürft auch mal kräftig lachen, wenn euch danach zu Mute ist“, so Schmidt bei seiner Begrüßung. Der Aufforderung, auch mal Lachen zu können, kamen im Verlaufe des Theaterstückes dann viele nach - und man konnte den Eindruck gewinnen, dass es für einige ein befreiendes Lachen war.
Schon eine der ersten Spielszenen des Stückes verdeutlichte die Dramatik des Themas Demenz: „Pack meine Sachen, will hier weg, kann denen doch nicht auf der Tasche liegen“ so Herr Gerber zu seiner ihn besuchenden Tochter Hanne. Die beichtete ihm darauf hin, dass sein Haus mit dem schönen Pflaumenbaum inzwischen verkauft ist, worauf der Vater mit einer Mischung aus Verwirrung und Wut reagiert. Nur um wenig später die Frage zu stellen: welches Haus mit welchem Pflaumenbaum?
Es ging dann bald wohl fast allen Gästen so, dass sie gar nicht mehr wahrnahmen, dass es bei Herrn Geber um eine Klappmaulpuppe geht. Einfach großartig, wie Schauspieler Dietmar Bertram ihn mit wenigen gezielten Bewegungen und rauer Stimme mit Leben füllt. Etwas grantig, manchmal stur, aber immer direkt und zu Scherzen mit Pfleger Sandro aufgelegt, erlebten sie den Hauptakteur. Rührend auch Szenen, in denen er zum Singen und Träumen mit Tochter Hanne aufgelegt war. Schnell waren offensichtliche alle von dieser Art der Verarbeitung eines schweren Themas begeistert.
So erkennt Herr Gerber Tochter Hanne (liebevoll gespielt von Sabine Hamann) bei einem weiteren Besuch kurz nach dem Aufwachen nicht und schickt die vermeintlich fremde Frau mit drohender Geste aus seinem Zimmer. Dass Herr Gerber von einer Klappmaulpuppe verkörpert wird, vergisst das Publikum beinahe, wenn diese Dietmar Bertram mit wenigen gezielten Bewegungen und rauer Stimme mit Leben füllt. Wehmut mischt sich in diese Stimme, wenn Herr Gerber feststellt: „Alle sagen mir, was ich tun soll, und nichts darf ich.“ Also will er heim, zurück in sein altes Haus.
Tochter Hanne wendet sich zwischendurch dem Publikum zu, seufzt und sagt: „Manchmal ist es mit Papa kaum auszuhalten.“ Wenig später werden Missstände in der Pflege aufgegriffen. Hanne fühlt sich in der Situation machtlos. Als sie beschließt, allein in den Urlaub zu fahren, reagiert Herr Gerber wütend, träumt von einer Reise nach Bayern. Er lässt sich von Pfleger Sandro (auch Dietmar Bertram) seinen Hut aufsetzen und spricht in Gedanken lebendig mit seiner verstorbenen Frau Lisbeth. Die fordert ihn in seiner Vorstellung dazu auf, Verständnis für die Tochter zu haben. Schließlich fragt er sie: „Lisbeth, wann nimmst du mich endlich zurück?“
Am Schluss der Veranstaltung kamen die Gäste mit den beiden Profi-Schauspielenden ins Gespräch, so dass für Auflockerung nicht nur ein paar flotte Sprüche des Herrn Gerber im Stück sorgten, sondern auch im Gespräch danach. „Die Darstellung der Figur durch eine Puppe soll ein wenig Distanz schaffen und einen leichteren Zugang zum Dargestellten bieten“, erklärte Dietmar Bertram. Seine Kollegin Sabine Hammann ergänzte: „In das Stück sind Erfahrungen eingeflossen, die ich bei meiner Arbeit als Clownin in Seniorenheimen und in ihren Familien gesammelt habe“.
Den lockeren, aber doch ernsten Umgang im Wechsel zwischen Realität und Herrn Gerbers Vorstellung, lobte das Publikum des Schau- und Puppenspiels. „Das hat mich als betroffene Angehörige einfach sehr berührt und gefesselt“, meinte eine Angehörige hinterher. Für die Veranstalter und die gastgebende Einrichtung dankte Uli Schmidt allen dafür, dass sie die Veranstaltung trotz des hohen Aufwandes so großartig mitgetragen haben. Und er dankte herzlich dafür, dass der Spendentopf gut gefüllt war, was sicher auch ein Zeichen dafür gewesen sei, dass der Abend alle wirklich berührt und mitgenommen habe.